Juwelendiebstahl Remmo-Anwälte beantragen Aussetzung des Verfahrens
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Wegen eines Streits um die Nebenklage startete der Prozess um den Juwelendiebstahl im Grünen Gewölbe in Dresden am Freitag gleich mit einer einstündigen Verzögerung. Auch sonst stellten die Remmo-Anwälte zahlreiche Anträge, die das Verfahren beeinträchtigen könnten. In zwei Wochen entscheidet sich, wie es weitergeht.

Auf dieser Seite:
- Anwälte kritisieren Auswahl der Schöffen
- Gericht will im Februar über Anträge entscheiden
- Verfahrensfehler? Streit um Nebenklage des Freistaates Sachsen
- Anwältin: Größe und Gewicht von Angeklagtem weichen ab
- Verteidiger befürchten Vorverurteilung der Remmos
- Angeklagte des Juwelendiebstahls werden durch 13 Anwälte vertreten
- Dutzende Journalisten berichten über Prozess um den Juwelendiebstahl
- Anklage: 4.300 Diamanten und Brillanten bei Einbruch gestohlen
Zum Start des Prozesses um den Juwelendiebstahl im Grünen Gewölbe in Dresden haben die Verteidiger der sechs Angeklagten verschiedene Anträge gestellt, die das Verfahren verzögern könnten. So beantragte ein Rechtsanwalt eine Abtrennung der Verfahren der zwei zum Tatzeitpunkt noch nicht volljährigen Angeklagten. Das hätte den Ausschluss der Öffentlichkeit zur Folge. Zur Begründung führte er an, dass die beiden Angeklagten durch das gemeinsame Verfahren mit den erwachsenen Angeklagten als Teil des Remmo-Clans stigmatisiert werden würden.
Anwälte kritisieren Auswahl der Schöffen
Ein weiterer Antrag der Verteidigung auf Aussetzung des Verfahrens bezieht sich auf die Besetzung der Schöffen in dem Prozess. Die Anwälte kritisieren, dass diverse Personen keinen Zugang zum Jugendschöffenamt haben, sondern nur Männer und Frauen. Der Ausschluss sei verfassungswidrig, darüber müsste erst das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Gericht will im Februar über Anträge entscheiden
Sollte den Anträgen stattgegeben werden, hätte das laut einem Gerichtssprecher erhebliche Folgen. In dem einen Fall könnte das Verfahren vor der Jugendkammer gegen die zwei zum Tatzeitpunkt nicht volljährigen Angeklagten nur mit Verzögerung fortgeführt werden. Die Verfahren gegen die Erwachsenen müssten vor einer anderen Strafkammer neu beginnen, was ebenfalls zu einer spürbaren Verzögerung des Prozesses führen würde.
Über die Anträge der Verteidigung wurde aber zunächst nicht befunden. Erst sollen die Verfahrensbeteiligten nächste Woche eine Stellungnahme abgeben, bevor das Gericht dann zum nächsten Sitzungs-Termin am 11. Februar entscheidet.
Verfahrensfehler? Streit um Nebenklage des Freistaates Sachsen
Gleiches gilt für einen Streit um die Nebenklage des Freistaates Sachsen. Dieser führte dazu, dass der Prozess erst mit reichlich einer Stunde Verzögerung starten konnte. Die Verteidiger der Remmos monierten nach Informationen von MDR-Reportern, dass der Nebenklagevertreter schon in der Verhandlung sitzen durfte, obwohl noch nicht über seine Zulassung im Verfahren entschieden wurde. Nach der Anklageverlesung beantragten die Anwälte deshalb die Aussetzung des Verfahrens. Der Nebenklagevertreter habe schon Akteneinsicht bekommen, bevor sie dazu gehört worden seien. Dies sei ein schwerwiegender Verfahrensfehler, der nicht mehr geheilt werden könne, sagten die Anwälte.
Bei dem Vertreter der Nebenklage handelt es sich um einen Anwalt des Freistaates Sachsen. Die Staatsanwaltschaft hatte seiner Anwesenheit zugestimmt. In dem Streit geht es unter anderem um die Frage der Akteneinsicht. Außerdem hat Sachsen ein sogenanntes Adhäsionsverfahren beantragt, um auch zivilrechtliche Ansprüche geltend machen zu können. Dabei geht es um Ansprüche auf Schadenersatz. Das ist laut Strafprozessordnung zulässig.
Anwältin: Größe und Gewicht von Angeklagtem weichen ab
Neben formalen Aspekten griffen die Remmo-Anwälte die Anklage auch inhaltlich an. So erklärte eine Verteidigerin, dass sie die Anklage nicht für schlüssig halte und bezeifle, dass ihr Mandant ins Residenzschloss eingestiegen sei. Sie untersetzte dies mit dem angegebenen Körpermaß und Gewicht des Angeklagten in den Akten, die nicht mit der Realität übereinstimmen würden. Auch die Geruchs-Identifizierung des Angeklagten mittels eines Spürhundes längere Zeit nach der Tat zweifelte die Verteidigerin an.
Verteidiger befürchten Vorverurteilung der Remmos
Ein weiterer Anwalt meinte, sein Mandant sitze zu Unrecht in Haft. Sein Name werde mit dem Remmo-Clan gleichgesetzt und würde damit vorverurteilt. Auch andere Verteidiger führten eine Vorverurteilung durch die Öffentlichkeit und ein mediales "an den Pranger stellen" an. Angezweifelt wurden zudem in einem Auto gefundene DNA-Spuren, die laut einer Anwältin kein sicheres Beweismittel und völlig wertlos seien. Die Spur müsse in den Kontext eingeordnet werden. Das Fahrzeug sei schon längere Zeit im Besitz der Familie gewesen und könnte außerdem von einer anderen Person in das Auto übertragen worden sein. Dies würden forensische Experimente belegen.
Angeklagte des Juwelendiebstahls werden durch 13 Anwälte vertreten
Die sechs Angeklagten im Alter zwischen 22 und 28 Jahren waren zum Prozessstart ab etwa neun Uhr jeweils mit einem Polizeikonvoi mit Blaulicht aus ihren jeweiligen Justizvollzugsanstalten zum Gericht gekommen. Vertreten werden sie in der Verhandlung vor der Jugendkammer des Landgerichts Dresden von insgesamt 13 Anwälten.
Dutzende Journalisten berichten über Prozess um den Juwelendiebstahl
Begleitet wurde der Prozess von einem großen Medienaufgebot. Alle 25 dafür zur Verfügung stehenden Plätze im Gerichtssaal wurden nach MDR-Reporterinformationen besetzt. Weitere Plätze gab es in einem Nebenraum. Dutzende Journalisten von Print, Hörfunk und Fernsehen waren vertreten. Sie mussten zum Teil mehr als eine Stunde vor dem Einlass warten, bis sie durch die Sicherheitsschleuse im Hochsicherheitstrakt des Gerichts kamen.
Anklage: 4.300 Diamanten und Brillanten bei Einbruch gestohlen
Laut Anklage erbeuteten die Beschuldigten bei dem Einbruch im Grünen Gewölbe am 25. November 2019 mehr als 4.300 Diamanten und Brillanten im Gesamtversicherungswert von mindestens 113,8 Millionen Euro - und verursachten Sachschäden von gut einer Million Euro. Ihnen wird schwerer Bandendiebstahl, Brandstiftung und besonders schwerere Brandstiftung vorgeworfen.
Diebstahl oder Raub?
Im Zusammenhang mit dem Einbruch ins Grüne Gewölbe in Dresden ist immer wieder von einem Juwelenraub die Rede.
Rechtlich gesehen sind Diebstahl und Raub unterschiedliche Dinge – das ist im Strafgesetzbuch in den Paragrafen 242 und 249 geregelt. Demnach handelt es sich um einen Diebstahl, wenn jemand "eine fremde bewegliche Sache" ohne die Zustimmung des Eigentümers an sich nimmt. Das kann mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Auch der Versuch des Diebstahls ist strafbar.
Von Raub spricht man hingegen, wenn der oder die Täter mit Gewalt drohen oder einer Person Gewalt antun, um einen Diebstahl zu begehen. Laut Strafgesetzbuch ist hier in minder schweren Fällen eine Haftstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren möglich.
Da bisher nicht bekannt ist, dass die mutmaßlichen Täter beim Einbruch ins Grüne Gewölbe jemanden bedroht oder jemandem Gewalt angetan haben, sind sie unter anderem wegen des Diebstahls der Juwelen angeklagt.
Sondersendung bei MDR SACHSEN & Kripo live
Der MDR wird an allen Tagen aktuell und umfassend aus dem Gerichtssaal berichten. Zum Prozessauftakt gibt es bei MDR SACHSEN - Das Sachsenradio zudem am 28. Januar um 18 Uhr eine Sondersendung.
Am Sonntag nach dem Prozessauftakt sendet der MDR ein Kripo live extra zu Hintergründen des Juwelendiebstahls aus dem Grünen Gewölbe.
Quelle: MDR(sth/kb)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | Nachrichten | 28. Januar 2022 | 18:00 Uhr